3D-Visualisierungen im Atlas der Schweiz – online

In der neuen Version des Atlas der Schweiz wurde eine Vielzahl von kartografischen Darstellungen gemacht, welche die dritte Dimension einbeziehen.

Es war eine Herausforderung, intuitive Visualisierungen zu realisieren, die für die Benutzer sowohl in 2D- wie auch in 3D-Ansicht funktionieren. Der Einsatz der dritten Dimension ist sicherlich ein Vorteil, da sich damit eine zusätzliche Variable in der Höhe abbilden lässt. Gleichzeitig besteht aber der Nachteil, dass die perspektivische Darstellung zur Falschinterpretation der tatsächlichen Grössenverhältnisse führen kann. Zudem besteht die Gefahr, dass bei gleichzeitiger Präsentation von zu vielen Variablen die korrekte Karteninterpretation erschwert wird. Eine 3D-Visualisierung kann somit schnell zu einer Informationsüberlastung führen, was wir verhindern wollen.

In unserem Atlas versuchen wir eine Balance zwischen der Lesbarkeit der Karten und der Auslotung der dritten Dimension zu erreichen. Hier sind einige Beispiele von aktuell realisierten 3D-Darstellungen:

Anzahl Passagiere auf den Hauptfluglinien

passengers
3D Trajektorien – hier als gekrümmte Linien – sind eine Technik um Beziehungen zwischen einem Startpunkt und einem Endpunkt (Destination) darzustellen. Durch die Verbindung eines einzelnen Startpunktes mit mehreren Destinationen kann eine Art von Fokuseffekt erreicht werden. Diese Darstellungsform kann sowohl als 2D-Karte wie auch als 3D-Karte betrachtet werden und eignet sich zudem gut, um die einzelnen Linien zu verfolgen. Als Attribute können die Linienfarbe und –breite sowie der Krümmungsradius verwendet werden.

Wir haben diesen Kartentyp eingesetzt, um die Flugrouten der nationalen Flughäfen der Schweiz abzubilden. Die Karte zeigt alle Fluglinien ausgehend vom Flughafen Zürich: Je dunkler die Rottöne resp. je breiter die Linien, desto grösser ist die Anzahl der transportierter Flugpassagiere. In der Atlas-Applikation kann dieser Wert interaktiv abgefragt werden.


Bergbahnen nach Anlagetyp

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Die 3D-Darstellung von Punktdaten wird häufig mittels Billboard-Technik realisiert. Das Billboard dreht sich in einer 3D-Umgebung immer so, dass es direkt im rechten Winkel zum Betrachter steht. Ein Billboard kann sowohl Bilder (PNG-Rasterformat) als auch Vektordaten (als SVG) darstellen.

Im Kartenbeispiel haben wir figürliche SVG-Symbole verwendet, um verschiedene Typen von Bergbahnen darzustellen: Standseilbahnen, Pendelbahen, Gondelbahnen und Sessellifte. Durch differenzierte Formen und Farben lassen sich die Typen leicht unterscheiden; zudem sind sie mit der genauen Linienführung ergänzt, wenn man in die Karte einzoomt.


Bevölkerungsentwicklung in Europa

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Die Höhenachse eines Diagramms kann verwendet werden, um zeitliche Veränderungen zu zeigen. Durch die Verwendung gestapelter Pyramidenstümpfe versteht der Atlas-Nutzer schnell den zeitlichen Verlauf einer Variable. Interessant an dieser Visualisierung ist, dass die obere und die untere Fläche des Pyramidenkörpers dieselbe thematische Variable zu zwei aufeinander folgenden Zeitpunkten darstellen. Die Neigung der seitlichen Flächen zeigt also die Veränderung der Variable zwischen diesen zwei Zeitpunkten.
In der 2D-Darstellung verliert dagegen diese Art der Visualisierung die temporale Komponente und kann eine Variable nur zu einem bestimmten Zeitpunkt darstellen.

In unserem Kartenbeispiel wird die Zu- und Abnahme der Wohnbevölkerung einiger europäischer Länder durch einen Stapel von sechs Pyramidenstümpfen angezeigt. Jeder Pyramidenkörper repräsentiert dabei die Bevölkerungszahl eines Jahres, von 1960 (unterste Ebene) bis 2010 (oberste Ebene). Eine nähere Betrachtung der Diagramme zeigt die generelle Tendenz einer wachsenden Bevölkerung über den gesamten Zeitraum; die meisten Länder weisen aber in den letzten 20 Jahren ein negatives Wachstum auf.


Bevölkerungsverteilung und Altersgruppen in der Schweiz

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Die 2D-Kleingeldkarte wurde als Visualisierungstyp bereits 1972 von Eduard Imhof beschrieben und verwendet. Diese Diagramm-Darstellung funktioniert so, dass verschiedene Einheitsgrössen mit fest zugewiesenen Werten festgelegt werden (z.B. bedeutet ein Quadrat 10’000). Dadurch können alle Einheitsgrössen in einer geografischen oder administrativen Fläche – wie Münzen in einer Brieftasche – summiert werden. In einer 2D-Karte können mit diesem Visualisierungstyp bloss zwei Attribute durch die Symbolgrösse und –farbe abgebildet werden. Die Verwendung der dritten Dimension erlaubt es, ein weiteres Attribut als sinnvolle Ergänzung zu kombinieren. Zudem wird die Kleingeldkarte allgemein dazu benutzt, um auch räumliche Strukturen wie z.B. verdichtete Gebiete erkenntlich zu machen.

Wir benutzten eine 3D-Kleingeldkarte, um die Bevölkerungsverteilung in der Schweiz zu kartografieren. Die Ausgangsdatei für diese Karte war das Hektarraster mit der Anzahl der Bewohner pro Hektarzelle (100×100 m). Durch das Aufsummieren benachbarter Zellen wurden die Diagramme berechnet. Die Diagrammform wird zur Darstellung und schnellen Erkennung der Anzahl der Einwohner benutzt: Ein Kubus repräsentiert 5000, ein grosser Zylinder 1000 und ein kleiner Zylinder 200 Einwohner. Auf der Höhenachse wurden von unten nach oben geordnet drei Altersgruppen (0-14, 15-64, über 64 Jahre) abgebildet.


Holzheizungssysteme

holzfeuerung
2D-Kuchendiagramme sind sehr geeignet, um Relativwerte wie z.B. prozentuale Anteile darzustellen. Sie werden aber meistens als interessanter empfunden, wenn sie als 3D-Diagramme präsentiert werden. Die Verdeckung einzelner Diagramme oder Diagrammsektoren lässt sich in einer 3D-Umgebung leicht umgehen, indem ein anderer Betrachterstandort gewählt wird.

In der abgebildeten Karte benutzten wir 3D-Kuchendiagramme, um den Anteil verschiedener Holzheizungssysteme pro Kanton zu visualisieren. Die Höhe der Sektoren repräsentiert dabei die Anzahl der installierten Holzheizungssysteme. Rote Sektoren zeigen den Anteil der Systeme mit Holzverarbeitung und Pelletfeuerungen, blaue Sektoren die restlichen Systeme. Helle Farben geben eine tiefere Heizkapazität der Systeme wieder, dunklere eine höhere Heizkapazität.


Passagierflüge nach Tageszeit

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Im Gegensatz zu Kuchendiagrammen eignen sich Flügeldiagramme zur Darstellung von Absolutwerten. Es gibt zwei grafische Variablen, die benutzt werden können: die eine ist der Radius jedes Sektors, die andere ist die Sektorfarbe. Die Winkel der Sektoren bleiben dabei konstant, damit die Flächen durch die Benutzer möglichst gut abgeschätzt und verglichen werden können.
In dieser Karte wurden die Flügeldiagramme als Billboards eingesetzt; sie zeigen, zu welchen Tageszeiten wie viele Passagiere die Flughäfen in der Schweiz benutzen. Die Farben fassen dreistündige Intervalle zusammen, die Anzahl der Flugpassagiere wird durch den Sektorradius wiedergegeben. Wir erkennen auf einen Blick, dass während der Nachtstunden fast keine Passagierflüge stattfinden, und dass sich der Flugverkehr der beiden Flughäfen zur Mittagszeit deutlich unterscheidet. Durch die erhöhte Position der Billboards in der 3D-Karte lassen sich Flughäfen auf der Karte gut erkennen und lokalisieren.